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Oh mein Gott, ja!

Aktualisiert: 10. Juni 2022

Ein Text von Anna Eckes, erschienen in der 2. Ausgabe des Perfumed Garden Magazins "Was will das Weib?"

Foto: OMGYES

 

Mit OMGyes gibt es endlich die Bereitschaft und die nötige Forschung für einen realistischen Blick auf die vielen Facetten weiblicher Sexualität. Das New York Magazine sieht OMGyes.com als Antreiber der nächsten sexuellen Revolution. Und es stimmt, die Website und das dahinterstehende Forschungsprojekt bringen einen wichtigen Prozess ins Rollen, der Frauen hilft, ihre Lust endlich zu

entmystifizieren.


A ls ich neulich eine Sexualtherapeutin der Berliner Charité getroffen habe, hat sie ganz beiläufig erwähnt, dass sie in ihrer Sexualtherapie ihren Patienten bei Frust im Bett eine Website empfiehlt, die über weibliche Lust aufklärt und Frauen Lust und Spaß bringen soll. Als ich mir später die Website OMGyes.com anschaute, war ich ziemlich überrascht – und irritiert über die Offenheit und Fülle an Informationen. Die Frauen zeigen dort in expliziten Videos, wie sie sich selbstbefriedigen. Eine von ihnen heißt Zoey. Sie zeigt mir, wie sie sich gern berührt, wo sie sich streichelt, ob sie einen oder mehrere Finger nutzt, ob sie damit Kreise um die Klitoris oder eher Achten formt, ob sie von oben nach unten oder von links nach rechts masturbiert. Ihre und weitere Ergebnisse haben Wissenschaftler dann zusammengefasst und schließlich zwölf unterschiedliche Masturbationstechniken herausgefiltert, die auf OMGyes angeschaut werden können. Am Ende jeder Lektion gibt es die Möglichkeit, das Erlernte an einer virtuellen Vulva auszuprobieren. Oh, hell!


Klitoris, was kannst du?


Mir wird bewusst, was für ein Tabu diese Plattform bricht und wie wenig ich meinen eigenen Körper kenne. Klar weiß ich, wo die Klitoris ist, aber was sie kann? In der Schule habe ich gelernt, wie Fotosynthese funktioniert, dass 15 Prozent aller Gehörlosen ihre Erkrankung vererbt bekommen und wie sich eine Zauneidechse häutet. Ich habe aber nichts über meine Lust und Sexualität und schon gar nichts über die Klitoris gelernt. Die sexualpädagogischen Inhalte beschränkten sich auf den Aufbau der männlichen und weiblichen Sexualorgane (und das noch nicht mal in aller Vollständigkeit) und auf die Fortpflanzung. Woher soll ich wissen, dass die Klitoris mehr als 8000 sensorische Nervenenden hat, dass diese kleine Perle am oberen Ende der Vulva eigentlich nur die Spitze eines Eisbergs ist und die Klitoris vor allem als unterirdisches Organ, als Schwellkörper, angelegt ist, das sich komplett durch meine Vulva zieht?


Während der Penis in Lehrbüchern detailliert beschrieben wird, ist die Klitoris nach wie vor eine Kuriosität, weil die männlich dominierte Medizinwelt lange Zeit kein Interesse daran hatte, die Klitoris zu erforschen.

Wenn also meine Freundinnen klagen, dass sie noch nie einen vaginalen Orgasmus hatten, ist das in erster Linie ein Indiz dafür, dass ihr Verständnis weiblicher Sexualität von männlichen Bedürfnissen geprägt ist – nämlich die Frau ausschließlich und bis zum Höhepunkt vaginal befriedigen zu können. Die Klitoris wurde zu lange gering geschätzt und versteckt, wahrscheinlich auch, um die weibliche Lust besser dominieren zu können. Woher sollten also Tipps und Tricks für noch schönere Erlebnisse kommen?




Alba


Sie mag es am liebsten, ihre Klitoris durch die umliegenden Hautschichten zu berühren, um zu viel Druck und direkte Berührungen der hochsensiblen Klitorisspitze zu vermeiden. Bei dieser Abfedern-Taktik drückt Alba die äußeren Lippen um die Klitoris herum wie ein Sandwich zusammen. Auf ihrer Klitorisspitze liegt so ein weicher, indirekter Druck. Sie bewegt dieses Sandwich dann auf und ab oder zieht es auseinander und drückt es wieder zusammen, sodass Geräusche entstehen und sie kleine Zuckungen in ihrem Körper spürt.


96 Prozent von den mittlerweile 250.000 registrierten Nutzer*innen sagen, sie hätten durch die Einsichten von Frauen unterschiedlichen Alters erkannt, dass es noch viele Möglichkeiten gäbe, ihre sexuelle Lust weiterzuentwickeln.

Auch für die zweite Staffel wurden 5000 Frauen zu ihren sexuellen Bedürfnissen und Vorlieben befragt. Und auch hier ging es den Machern der Seite und dem Forscherteam der Indiana University School of Public Health darum, zu erforschen, was den Frauen gefällt, welche Bewegungen sie mögen, wie sie über ihre Wünsche sprechen und wie sie während des Geschlechtsverkehrs entspannen. Die Videos zeigen Frauen unterschiedlichen Alters, Typus und Hautfarbe. Die Protagonistinnen sehen natürlich und sympathisch aus, sie sitzen auf ihren Betten, Sofas oder Sesseln, erzählen verständlich und wirken auf mich eigentlich wie Freundinnen – nur dass wir uns über unsere Klitoris unterhalten. Was mich aber noch viel mehr beeindruckt; diese Frauen kennen ihre Vorlieben und können gezielt beschreiben, was ihnen gefällt.


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