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Alles Porno?

Aktualisiert: 10. Juni 2022

Ein Beitrag von Anna Eckes aus der Perfumed Garden Ausgabe "Sexpositiv"


Foto: Adobe Bilder

 

Ich habe großes Verständnis für den Wunsch vieler Eltern, Pornoseiten im Internet für Kinder und Jugendliche unzugänglich zu machen. Die meisten Pornos zeigen ein unrealistisches und verzerrtes Bild von Sexualität. Was lernen Kinder und junge Erwachsene? Zum einen Wortschöpfungen und Wortgruppen, die in erster Linie auf die Abwertung der Frau und des weiblichen Körpers zielen. Zum anderen lernen sie, Sex auf einen Hetero-Porno-Plot zu reduzieren, der denkbar schlicht ist: Mindestens zwei Personen treffen sich, haben Sex, die Frau stöhnt durchgehend, während die Kamera die meiste Zeit ihr Genital filmt. Am Ende ejakuliert der Mann auf ihren Körper, wobei das Gesicht ein beliebtes Ziel ist.


Was die Popmusikerin Billie Eilish schon weiß

Was macht das mit Sexanfänger*innen, wenn "Deep Throating" oder Analverkehr zum "Must-do" gehören? Kann eine 17-Jährige ihre Wünsche im Bett auf diese Weise erkennen und ihrem Partner gegenüber kommunizieren, wenn Pornos ihre Idee von Sexualität prägen? Dass die allermeisten Pornos im Netz die sexuelle Entwicklung schädigen, hat bereits die Popmusikerin Billie Eilish erkannt. Pornos hätten ihren Blick auf Sex und ihr Körperbild kaputtgemacht, sagte die 20-Jährige in einem Interview.

Zu Recht geht die Düsseldorfer Landesanstalt für Medien, die auch für die Einhaltung des Jugendschutzes im Internet zuständig ist, seit November 2019 gegen Pornhub & Co. vor. »Bei Fernsehsendern kontrollieren wir jede Ausspielung darauf, ob die Musik nicht zu gruselig ist, gleichzeitig kann aber jeder Zwölfjährige von Kikaninchen zu Pornhub wechseln«, sagte Tobias Schmid, Direktor der Düsseldorfer Landesanstalt für Medien. Ende 2021 hat Schmid nun ein erstes Gerichtsurteil erkämpft: Auch für Porno-Portale mit Sitz im Ausland gilt ab sofort der deutsche Kinder- und Jugendschutz. An der Umsetzung hapert es allerdings noch.


Kinder sind im Durchschnitt 11 Jahre alt, wenn sie ihren ersten Porno sehen.

Noch mal zum Verständnis: Es geht mir nicht um ein generelles Verbot von Pornoseiten im Netz. Ich beklage neben der Emotionslosigkeit einen mangelhaften Kinder- und Jugendschutz. Grundsätzlich haben Pornos einen gewissen Bildungsanteil. Vielleicht wäre es gut, sexpositive Alternativen mit einer hinführenden Handlung, einer expliziten Darstellung von Konsens und Kommunikation anzubieten. Es gibt sie ja, die guten, fairen Pornos, die sexuelle Vielfalt zeigen, Emotionen und weibliches Vergnügen ein Stück weit in den Fokus des Films rücken. Die Landes- und Bundeszentralen für politische Bildung könnten solche Pornos gezielt fördern und für junge Erwachsene zugänglich machen. Klingt verrückt? Aber nur im ersten Moment.

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